Elisenhof von seinen Anfängen bis heute
Dem wohlhabenden Kupferschmiedemeister Johann Carl Voss, 1792 in Preußisch Friedland geboren, gehörte eines der stattlichsten Häuser am Markt in Preußisch Friedland. Zu seinem Besitz zählte er ebenso einige Gärten und Äcker in der näheren Umgebung und eine Stunde entfernt, das sogenannte Vorwerk, eine bäuerliche Besitzung, aus der sich durch die Tüchtigkeit des zweiten Sohnes Eduard der blühende Elisenhof entwickelte.
Als sich Eduard später auf sein Altenteil zurückzog, bezog er eine Wohnung in Preußisch Friedland und übertrug den Elisenhof seinem Sohn Otto.
Eduard Voss 1876 geborene Enkeltochter Helene Brabänder (spätere Schreibweise in Kanada „Brabander“) erinnert sich später an ihre Großeltern und den Elisenhof als „Paradies unserer Kindheit“ und schreibt:
E l i s e n h o f war unter seiner Hand [Eduard Voss] aus einem kleinbäuerlichen Hof, dem Vorwerk mit kleinem behaglichen Wohnhause, zu einem schönen, ertragreichen Besitz von 1200 Morgen Umfang geworden.
Der waldumrauschte Niedersee in Gneven mit seinen Wildenten und Blesshühnern und den darüber kreisenden Reihern ist mir der Inbegriff der wilden und unberührten Schönheit meiner westpreußischen Heimat geblieben. Nach der Stadt Preußisch Friedland lag der Elisenhof in flachen Feldern, durchzogen von mit Brombeer und Wildrosen umbuschten Moränenwällen, so daß die „krause Len“, ein gewaltiger alleinstehender Lindenbaum, ein weithin sichtbares Wahrzeichen darstellte.
Wenn wir Kinder, von der Station Linde kommend, in der altvertäterlichen Kutsche dem Gutshof zufuhren, von „Korel“ (Karl) dem Kutscher zur Ruhe ermahnt, so steigerte sich unsere freudige Erregung in gefährlicher Weise, wenn wir von weitem das umsäumte Birkenwäldchen erspähten, in welches der Garten von Elisenhof mündete. Ein Halbkreis von stolzen Pappeln umstand die Scheunen und Stallgebäude wie eine wachsame Garde. Das Gutshaus mit seinem lindenumschatteten Giebel und dem Staketenzaun des Gemüsegartens schloß den weiten Bogen des Hofes mit einer geraden Linie ab. Nun schwenkten wir um die letzte Wegbiegung in die Ebereschenallee ein. Die windschiefen bemoosten Stämme trugen ihre gefiederten Äste mit den roten Beerdolden wie einen Festbaumschmuck. Die Tagelöhnerhäuser zur Linken wurden lebendig von starrenden Kindern, bellenden Hündchen und grüßenden Leuten, dann hielt der Wagen vor dem steinernen Vorbau des Gutshauses, und wir stürzten uns mit weiten erwartungsvollen Herzen in die Arme unserer guten, so sehr geliebten Großmutter. Nun begann die festliche Zeit.Helene Brabander, in „Familiengeschichte Voss – Brabander“, 1940
Im Jahr 1904 verkauft Otto Voss den Elisenhof an den zu einigem Wohlstand gekommenen Gottlieb Boettcher.
Gottlieb war außerordentlich tüchtig. Er kaufte von seinem Erbteil eines elterlichen Bauernhofes einen kleineren Hof. Den konnte er bald veräußern und mit Ersparnissen zusammen einen größeren mit einer Ziegelei erwerben. Wieder folgten gute Wirtschaftsjahre. Anfang des 20. Jahrhunderts hatte er wiederum gut sparen können. Er kaufte von Otto Voss den Elisenhof. Rudi Witzke; Schwiegersohn von Lydia Horn, geb. Boettcher
Boettcher baut das Gutshaus nach seinen Vorstellungen um. Auf der Rückseite des Hauses eröffnet sich der Blick von der neu gestalteten Terrasse in den Gutspark. Bei der Auswahl der Materialien legt Boettcher Wert auf Qualität und Design. So lässt er auf der Terrasse die zu jener Zeit in Mode gekommenen Bodenfliesen von Villeroy & Boch verlegen.
Die Bodenfliesen von Gut Elisenhof wurden in unserer Villeroy & Boch Mosaikfabrik in Mettlach hergestellt. Laut damaligem Katalog hatten sie die Artikelnummer 318.c „Gothisches Fondmuster graphitiert“. Produktionsbeginn dieser Fliesen war ab 1907. AGNES MÜLLER / ABTEILUNG KERAMIKMUSEUM & ARCHIV,
VILLEROY & BOCH AG
Boettcher selbst kommt 1917 ums Leben, als bei einem Gewitter die Pferde durchgehen. Zunächst übernehmen seine Frau und später sein Sohn Theophil und dessen Ehefrau Gerta die Führung des Gutes.
Die Arbeit auf den Feldern und in den Ställen wird von zwölf Landarbeiterfamilien gemeinschaftlich geleistet. Sie wohnen auf dem Gut in eigens für sie erbauten Arbeiterhäusern – der „Langen Reihe“.
Elisenhof nach 1945
Am 29. Januar 1945 wird Preußisch Friedland von der Roten Armee eingenommen. Deutsche Truppen verdrängen sie für kurze Zeit wieder aus der Stadt, bevor Preußisch Friedland und damit auch Elisenhof endgültig in ihre Hände fällt.
Die Familie des Vogts Schwanz hatte sich entschlossen, zu Hause zu bleiben, obwohl sie eine 19-jährige Tochter Gertrud, genannt Trude, hatten. Diesen Entschluss hat die Familie schwer büßen müssen, wie wir später erfahren haben.Waldemar Lück in “Flucht von Elisenhof nach Essenrode
Während die Arbeiterhäuser von den russischen Soldaten verschont bleiben, wird das Gutshaus nahezu bis auf die Grundmauern zerstört.
Bis in die 1970er Jahre hinein fristet der Elisenhof als landwirtschaftlicher Betrieb ein eher klägliches Dasein. Die Landwirtschaft wird schließlich aufgegeben. Heute leben sowohl in dem auf dem Fundament des ehemaligen Guthauses errichteten Wohnhaus als auch in den ehemaligen Arbeiterhäusern polnische Familien. Elisenhof heißt heute Gniewno und gehört zu Polen.